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Einsam auf dem Zebrastreifen
Die Krise der Demokratie und das BGE
Die Krise der Demokratie und das bedingungslose Grundeinkommen

Ich möchte mit einem Merkel-Zitat beginnen. Prof. Dr. Wolfgang Merkel schrieb 2013 in der FAZ, ob sich Gefährdungen der Demokratie “als Krise „der“ Demokratie manifestieren, hängt von der Handlungs- und Wandlungsfähigkeit demokratischer Institutionen, Verfahren und Kulturen ab.“

Dass ein bedingungsloses Grundeinkommen eine neue demokratische Institution in der Gesellschaft wäre, die Probleme grundsätzlich aufrollt, ist inzwischen bekannt. Generelle Verfahren und Kulturen in der Demokratie würden sich aber auch verändern. Vielen Menschen- und Bürgerechten wäre, wenn auch indirekt, eine konkrete reale bedingungslose Komponente zur Umsetzung zugeordnet, die zudem den direkten Lebensraum aller konkret betrifft.

Anforderungen an eine zukunftsfähige Gesellschaft werden immer stärker an Individuen anstatt an Politik gestellt, bspw. durch die subtile, aber ansteigende Erwartung einer nachhaltigen, sozialen und ökologischen Lebensweise. Die Politik entledigt sich der Verantwortung und hat dennoch konkrete, aber durchaus kostspielige Anliegen an die Bürger, wie bspw. einen nachhaltigen, ökologischen Konsum oder auch soziale, ehrenamtliche oder faire Tätigkeiten, die zum gesellschaftlichen Gelingen beitragen. Diesen Erwartungen von Politik an Menschen wäre zumindest die finanzielle Möglichkeit dazu in der realen Welt durch ein Grundeinkommen zugeordnet. Bereits heute werden zwar zahlreiche Ehrenämter ausgeübt, nur leider regelmäßig von Wohlhabenden, deren Zeit nicht alltäglich der Existenzsicherung dient. Alle sollten aber diese Möglichkeit erhalten. Im Kapitalismus kann das nur finanziell geschehen.

Die momentan konkrete Politik, die an die großen Wirtschaftskonzerne gerichtet ist, scheint bei sinnvoller Wirkungsweise meist destruktiv für die Partner der Politik, die Konzerne. Konzerne haben sich inzwischen gewehrt, indem sie sich einflussreiche Gestaltungskraft auf Politik gesichert haben. Der unternehmerische Profit ermöglicht ausreichend Lobbying und Marketing, um den Profit erneut zu sichern. Die marktorientierte Globalisierung wird von Konzernen sogar genutzt, um Staaten gegeneinander auszuspielen und Profitanteile, die dem Gemeinwohl gehören, schlicht nicht zu zahlen. Politik, die weiterhin an die Konzerne adressiert ist, bleibt wirkungslos. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, das mit stärkeren freiwilligen, ethischen und sozial-ökologischen Ansprüchen an die Individuen versehen ist, scheint aber sehr konstruktiv, da auch die Partner, in dem Fall Individuen, sich einbezogen und nicht angegriffen fühlen. Andererseits ensteht aber auch tatsächliches demokratisches Verlangen für alle Individuen, da die Menschen die Verantwortung auch wieder bei sich suchen müssen und nicht an „die da oben“ abschieben können. Die Rolle des Grundeinkommens in der Demokratie ist also zentral.

Ein Grundeinkommen wäre eine Demokratiepauschale für politisches Handeln in jeder Form. Parteimitglieder wären unabhängig von den Gnaden ihrer auf Karriere erpichten Abgeordneten, die Jobs zu vergeben haben. Keiner wäre von seiner politischen Arbeit, oder auch nur Orientierung, finanziell abhängig. Zusätzlich könnten sich NGOs und andere gesellsellschaftliche Gruppen unabhängig von ihrem Status und Vermögen organisieren, bspw. wäre eine Erwerbslosenorganisation, die den Einfluss einer Gewerkschaft hätte, denkbar. Der Korruptionsanreiz würde sinken. Man könnte meinen, die Anliegen aller Menschen würden, quasi nahezu automatisiert, zu einem gemeinsamen Willen zusammengefügt, da ansonsten keiner die existenzsichernden Tätigkeit für die Gesellschaft erfüllt. Das gute Leben für alle wäre sozusagen genauso Grundvoraussetzung für bedarfsorientierte gesellschaftliche Aktivität wie bedarfsorientierte gesellschaftliche Aktivität für eine Gemeinschaft Grundvoraussetzung ist. Gemeinschaft wird damit sozusagen Voraussetzung für Demokratie, wie Gemeinschaft das einzig denkbare Ergebnis realer Demokratie wäre.

Es bleibt mit Wolfgang Merkel zu hoffen, dass sich keine Krise der Demokratie manifestiert und sich die Wandlungsfähigkeit der demokratischen Institutionen, Verfahren und Kulturen bei der Umsetzung des Grundeinkommens zeigt und umgekert die Handlungsfähigkeit der Demokratie durch ein Grundeinkommen widerhergestellt wird.

Ich freue mich auf den Workshop am 5.4. im Rudolf Steiner Haus, der sich diesem Thema widmet. Ich bin gespannt, wie Dr. Serge Embacher, Politikwissenschafter, Berlin / Prof. Dr. Johannes Heinrichs, Sozialphilosoph, Duisburg / Prof. Dr. Sascha Liebermann, Soziologe, Bonn und Cord Wöhlke, der ehemals langjährige Geschäftsführer der Budniskowsky-Kette in Hamburg diese Verknüpfungen zwischen Demokratie, Krise und Grundeinkommen denken und hoffe auf spannende Diskussionen und Anregungen. Zudem würde ich mich freuen, wenn sich niemand von den Eintrittspreisen abschrecken lässt, eine Ermäßigung bieten wir jedem bedingungslos.

Obdachlos
Euro-Krise trifft die Schwächsten

Wenn Europa griechische, irische oder spanische Banken rettet, wen rettet es da?

Dann rettet es die Aktionäre der anderen europäischen Banken, auch der deutschen Banken, die (leichtfertig?) einen großen Teil der deutschen Exportüberschüsse dort angelegt haben.

Wer bezahlt? Zum einen die griechischen, irischen und spanischen Bürger, denen ein fast unmenschlicher Sparzwang verordnet wurde, zum anderen wir alle, die die Kosten der Krise in Form einer höheren Staatsverschuldung schultern müssen.

Ist es da verwunderlich, dass sich eine europaweite Bürgerinitiative auf den Weg gemacht hat, die ein Grundeinkommen für alle europäischen Bürger fordert?

Bei jährlich 1 Billion Sozialtransfers in Deutschland, so Finanzminister Schäuble bereits in 2010, wäre die Finanzierung eines Grundeinkommens hier sicher kein Problem und würde der problematischen demographischen Entwicklung entgegenwirken. Eine sichere finanzielle Basis würde der Familienbildung mit Sicherheit helfen. Wenn das Volkseinkommen der wirtschaftlich schwächeren Länder für die Zahlung eines angemessenen Grundeinkommens noch nicht ausreicht, sollte es doch wohl möglich sein, als eine gezielte sozialpolitische Maßnahme einen europäischen Fonds aufzulegen, aus dem diese Länder einen Zuschuss für die Auszahlung eines Grundeinkommens erhielten. Diese Geld würde direkt bei den Menschen ankommen, vor allem bei den Arbeitslosen und Geringverdienern und zugleich den stotternden Wirtschaftsmotor in diesen Ländern und darüber hinaus, wieder zum Laufen bringen. Das wäre gelebte europäische Solidarität, die uns allen helfen und den vielen Vorbehalten gegen Europa den Wind aus den Segeln nehmen würde. Ob die große Physikerin, die Ihrer Meinung nach als Lehrmeisterin in Europa abgewirtschaftet hat, diese Zusammenhänge begreift?

StreetArt
Nicht Amazon, sondern Menschen brauchen ein Grundeinkommen!

Thorsten SCHOOP propagiert in seinem Beitrag mit dem plakativen Titel
“AMAZON BRAUCHT GRUNDEINKOMMEN“
die Idee, dass riesige von ihm in der Wirtschaft  erwartete Rationalisierungsgewinne d i e  Chance seien, in absehbarer Zeit das BGE einzuführen.  Er ist sich aber offensichtlich nicht der gravierenden Implikationen bewusst, die der von ihm beschriebenen „Logik“ im Hinblick auf das damit transportierte Menschenbild innewohnen. Zu dem Menschenbild, für das wir uns – jedenfalls nach meinem Verständnis – bisher mit dem BGE im Hamburger Netzwerk eingesetzt haben, steht jenes jedenfalls in krassem Widerspruch. 

Richtig ist wohl Thorstens Annahme, dass die Tendenz zu weiterer Rationalisierung und Automatisierung unerbittlich fortschreitet. Sicher kann man dem auch einige positive Seiten abgewinnen; so mag es durchaus Bereiche geben, in denen eine weitere Automatisierung sinnvoll sein kann. Etwa da, wo den Menschen auf diese Weise noch körperlich schwere oder geistig stumpfsinnige Arbeit abgenommen wird.

Andrerseits haben wir uns zu fragen, ob wir uns den von Thorsten und anderen begeistert als Finanzierungsreserve für ein BGE begrüßten „Produktivitätsfortschritt“ in diesem Ausmaße überhaupt wünschen sollen. Ich kann jedenfalls für mich sagen: Im höhen Alter möchte ich  n i c h t  von einem Roboter gepflegt werden. Ich möchte auch n i c h t, dass meine Enkel und Urenkel überwiegend von Robotern erzogen und unterrichtet werden. Darauf, dass meine Einkäufe von einem Roboter getätigt und zu Hause in den Kühlschrank eingeräumt werden, will ich gerne verzichten. Ich frage mich also eher: Was können wir einer solchen weitgehend überflüssigen, menschlich problematischen bis absurden und abwegigen Entwicklung entgegenstellen?

 Niemand sage, die Entwicklung sei ohnehin nicht aufzuhalten. Die Frage ist sehr wohl, was wir wollen, was wir nicht wollen und was wir eventuell zulassen wollen. Entsprechende konkrete Vorschläge zur Postwachstums- und Gemeinwohl-Ökonomie weisen m.E. durchaus bedenkenswerte Perspektiven auf; und ein BGE wäre, sofern der politische Wille dazu erst einmal da ist, auch unter diesen Vorzeichen realisierbar.

Im Gegenzug möchte ich durchaus, dass ein BGE, für das ich mich heute engagiere, den Menschen morgen ermöglicht, produktive und kreative Eigenkräfte auf der Ebene ihres Denkens, Fühlens und Handelns zu entwickeln und zu entfalten. Das wird nur möglich sein, wenn sie von klein auf die Chance haben, sich im Gebrauch dieser Eigenkräfte zu üben, wenn sie also Chancen haben, diese im alltäglichen Umgang miteinander zu praktizieren. Genau dies würde aber voraussichtlich durch eine über-bordende Automatisierung in Frage gestellt. Unsere physischen, psychischen und geistigen Eigenkräfte würden verkümmern, wenn wir den größten Teil der Alltagsaufgaben blutleeren Maschinen übertragen. Die Frage, wie wir das entstehende gähnende Loch der Langeweile der immer zahlreicheren Menschen ohne Erwerbsarbeit mit immer absurderen und immer über-flüssigeren Freizeit- und Konsumangeboten auffüllen, würde sich dagegen nur umso dringlicher stellen.

Eine – auch partielle oder progressive – Erhöhung der Mehrwertsteuer, wie Thorsten SCHOOP sie propagiert, würde in der Tat einen beträchtlichen Anreiz für die Unternehmen schaffen, noch mehr zu rationalisieren, um im fortbestehenden Konkurrenzkampf die Preise zu halten oder gar zu unterbieten.

Ob die Unternehmen dazu motiviert oder gezwungen werden könnten, einen entsprechenden „Rationali-sierungsgewinn“ für die Gewährleistung eines Grundeinkommens zur Verfügung zu stellen, ist eine andere Frage. Aber selbst wenn diese reale Schwierigkeit gelöst werden könnte, würde dies doch in keiner Weise dazu beitragen, den bisher von Unternehmen und Gewerkschaften in paradoxer Einmütigkeit unterhaltenen Teufelskreis zwischen Stimulierung der Massenkaufkraft und ungebremstem Konsumismus zu zerschlagen.

Dies könnte vielmehr nur gelingen, wenn parallel zu einer allmählichen Erhöhung der Mehrwertsteuer (bzw. besser: zu ihrer konsequenten Überführung in eine kombinierte Öko- und Konsumsteuer) Einkommensteuer und Sozialabgaben schrittweise abgeschafft würden. Nur so könnte der ungesunde übermäßige Leistungs- und Konkurrenzdruck aus der Wirtschaft genommen und ein angemessenes, demokratisch gewolltes BGE gewährleistet werden; erst dieses hätte dann die Chance, unabdingbare Voraussetzung für eine wirklich nachhaltige und lebenswerte Postwachstumsökonomie zu sein. 

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