Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die informative Sendung zum Grundeinkommen. Allerdings können die Einlassungen von Prof. Butterwegge nicht unwidersprochen bleiben. Der Politikwissenschaftler Prof. Christoph Butterwegge hat zweifellos große Verdienste in der Armutsforschung. Doch beim Grundeinkommen haben ihn offenbar alle guten Geister verlassen. Es gibt ( leider) kaum namhafte Gegner des Grundeinkommens und schon nur wenige, die sich an die Öffentlichkeit wagen. Butterwegge hebt dabei immer wieder auf die Vermögensverteilung ab, so auch in Ihrer Sendung. So ehrenhaft es ist, die ungerechte Verteilung der Vermögen zu beklagen, eine Vermögenssteuer zu fordern und die Erben großer Vermögen stärker zu besteuern, das ist nicht das Thema beim Grundeinkommen. Soweit es beim Grundeinkommen auch um Verteilungsfragen geht, betrifft es die Verteilung von Einkommen, geht es darum, solange wie die Verteilung auf der Primärebene, der Ebene der Verteilung der Einkommen vor Steuern und Sozialabgaben, nicht halbwegs gerecht ist, auf der Sekundärebene (nach Steuern und Sozialabgaben)  allen Menschen ein existenzsicherndes Basiseinkommen zu verschaffen.

Die Bürgerversicherung, ein Lieblingsthema von Butterwegge, ist keine Alternative zum Grundeinkommen, sondern nur eine andere Form der Finanzierung einer allgemeinen Rentenversicherung für alle Menschen, bei der alle Arten von Einkommen mit zur Finanzierung herangezogen werden. Die Idee ist im Prinzip für die Rente im Alter ja nicht schlecht, nur was hat die Bürgerversicherung mit dem Grundeinkommen zu tun? Das Grundeinkommen greift viel weiter aus. Butterwegge hat fast immer am Thema vorbei geredet.  Es war schlicht gesagt auch nicht zu verstehen, wieso es mit einem Grundeinkommen zwangsläufig zu einem Sozialabbau kommen soll, wie Butterwegge meinte. Natürlich fallen mit einem Grundeinkommen eine ganze Reihe von heutigen Sozialstaatsleistungen weg. Es kann beispielsweise ja nicht zugleich ein Grundeinkommen für Kinder und Kindergeld geben. Im Übrigen beträgt der „Haushalt“ des Sozialstaats unter Einbeziehung aller Altersbezüge und sonstigen sozialen Leistungen bereits heute schon ca. 1 Billion Euro p.a. Es geht an der Sache völlig vorbei, wenn man wie Butterwegge nur die steuerfinanzierten öffentlichen Haushalte in den Blick nimmt.

Sollten die Mittel für ein Grundeinkommen nicht reichen, kann man zur Finanzierung doch ganz selbstverständlich Steuererhöhungen für die „da oben“ ins Auge fassen, aktuell beispielsweise bei der Erbschaftssteuer. Ein Mehrfaches des heutigen Aufkommens in Höhe von ca. 5 Mrd. Euro p.a. wären doch ohne Weiteres denkbar. Was Butterwegge zur Bedarfsgerechtigkeit ausgeführt hat, habe ich schlicht nicht verstanden. Es ist doch gerade der Witz beim Grundeinkommen, dass man nicht mehr seine Bedürftigkeit nachweisen muss wie bei Hartz IV.  Auch was Butterwegge  zu den Gewerkschaften, die mit einem Grundeinkommen entmachtet würden, gesagt hat, konnte ich nicht nachvollziehen. Selbstverständlich wird es auch mit einem Grundeinkommen Löhne geben, die wie bisher verhandelt werden müssen, von all den übrigen Aufgaben der Gewerkschaften einmal ganz abgesehen.

Die Weltrevolution wird es allerdings auch mit einem Grundeinkommen nicht geben. Die ungleiche Vermögensverteilung wird man auch mit einem Grundeinkommen nicht befriedigend lösen. Das Grundeinkommen ist auch keine Wunderwaffe gegen alle Ungerechtigkeiten dieser Welt. Aber vor der Weltrevolution kann man noch eine ganze Menge am Sozialstaat verbessern, unter Anderem durch ein Grundeinkommen. Butterwegge  hat sich um Kopf und Kragen geredet. Ich hätte ihm gern zurufen:  “Hättest Du geschwiegen, ein Philosoph wärest Du geblieben.“

Mit freundlichen Grüßen

Helgo Klatt