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Atomium Brüssel
Grundeinkommen, JETZT!

von Otto Lüdemann und Michael Scholz

Das bisher letzte Buch von Professor Straubhaar zum Thema BGE, war im September 2021 mit vielen Vorschusslorbeeren angekündigt worden. Ein Aktivenkreis hatte die Gelegenheit, im Vorfeld von Prof. Straubhaar über seine neuen Erkenntnisse und Feststellungen informiert zu werden, was natürlich dazu führte, dass wir eine wirklich inhaltsschwere Diskussion auf den Zeitpunkt verschieben mussten, an dem die meisten von uns das neue Buch dann auch gelesen hatten.

Der Aktivenkreis hat das Buch in diesem Frühjahr gelesen und in mehreren Runden die Fragenkomplexe entwickelt, die eine deutlichere Klarstellung liefern sollten. Am 19.5. haben Otto Lüdemann und Michael Scholz Professor Straubhaar mit den wesentlichen Fragen konfrontieren können. Hier das Resümee seiner Antworten:

Thomas Straubhaars Antworten auf unsere Fragen (Resümee):

1) Unsere erste Frage lautete, sinngemäß zusammengefasst: Weshalb verwenden Sie nicht durchgängig den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“, zumal Sie doch in der Sache in dem Buch an zahlreichen Stellen eine Position vertreten, die eher diesen Begriff als den „nackten“ Begriff „Marktwirtschaft“ nahelegen würde?

Antwort:

  1. Sein Hauptargument war, er wende sich mit seinem Buch an die Gruppe der Menschen, die von sich ein Selbstverständnis als „Neoliberale“ hätten, einem Verständnis, dem er sich auch selber verbunden fühle, das aber zurückgehe auf die „Freiburger Schule“ (ab 1930 ff), die ja den Ordoliberalismus wie auch den Neoliberalismus geprägt habe, wobei sich die Jünger der Freiburger Schule sehr wohl für ein Regelwerk im Sinne der „Sozialen“ Marktwirtschaft eingesetzt hätten, das fair, gerecht und vertrauensvoll alle an den Erfolgen des Kapitalismus beteiligt.
    Konfrontiert mit der Feststellung, dass heute (zumindest im deutschsprachigen Raum) der Begriff „neoliberal“ in der Öffentlichkeit und in den Medien weithin zu einem negativ besetzten „Kampfbegriff“ geworden sei, dem authentische soziale Qualitäten und Ansprüche weithin abgesprochen würden, zeigte er sich davon wenig beindruckt! Für ihn gehe es darum, mit der Forderung nach Einführung eines BGE das Konzept einer in seinem Sinn „neoliberalen“ Ökonomie zu „retten“. Im Wesentlichen stelle aus seiner Sicht vor allem und ausschließlich dieses Instrument das erforderliche Korrektiv bereit, um die von ihm eingeräumten Ausnahmen eines punktuell möglichen Missbrauchs von Marktmacht, etwa von großen Konzernen, auszugleichen.
  1. Ergänzend fügte er hinzu, dass nach seiner Wahrnehmung vor allem die Menschen in der Schweiz noch hinter dem von ihm vertretenen Selbstverständnis der „Neoliberalen“ stünden, für die er denn auch sein Buch geschrieben habe. Das Argument, dass die Leserschaft seines Buches im gesamten übrigen deutschen Sprachraum eine erheblich größere Anzahl von Personen ausmachen dürfte, (bei denen man dieses Verständnis nicht voraussetzen könne), schien ihn nicht zu beeindrucken, selbst wenn er zugeben musste, dass dort inzwischen längst überwiegend ein völlig anderes, eher negativ besetztes Verständnis des Begriffs Neoliberalismus im Sinne von „totaler“ Marktwirtschaft vorherrsche.

2) Unsere zweite Frage bezog sich auf das Straubhaarsche Konzept der „Wertschöpfungssteuer“ als neu zu etablierendes und dann aus seiner Sicht im Prinzip ausschließliches Instrument zur Finanzierung des Grundeinkommens. Sinngemäß zusammengefasst ging es dabei um die Gründe, weshalb er trotz dieser umfassenden neuen Steuer in seinem Buch teilweise zugleich am Begriff der „negativen Einkommensteuer“ festhalte.

Antwort:

Hierzu lieferte er uns als Erklärung, dass sein Konzept der Wertschöpfungssteuer im Grunde eben auch eine Einkommensteuer sei, diese aber im Unterschied zur klassischen Einkommensteuer nicht mehr zwischen unterschiedlichen Formen von Einkommen (wie z.B. Arbeitseinkommen, Mieteinkommen, Kapitalerträgen oder Finanztransaktionsgewinnen) unterscheide, um sie dann auch unterschiedlich zu besteuern. Die neue Wertschöpfungssteuer sei demgegenüber vielmehr eine umfassende Steuer in Höhe von 50 % auf alle Arten von Einkommen, deren gemeinsamer Nenner sei, dass sie eine Art der Wertschöpfung darstellten. Eben deshalb nenne er sie auch „Wertschöpfungssteuer“. Da diese Steuer, zusammen mit den gemäß seinem Konzept eingesparten Sozialabgaben, dazu diene, das Grundeinkommen zu finanzieren, stelle sie aus der Perspektive des Staates, analog zu dem bereits von Friedmann gebrauchten Konzept, tatsächlich eine „negative Einkommensteuer“ dar.

Ein weiterer entscheidender Vorteil bei seiner Wertschöpfungssteuer sei das Prinzip einer systematischen Erhebung der Steuer an der Quelle. Dazu gehöre, dass zukünftig keinerlei Unternehmen oder Organisationen, sondern lediglich die Menschen hinter diesen Einrichtungen besteuert würden, wodurch gleichzeitig auch Überwälzungseffekte vermieden werden könnten. Damit werde auch sichergestellt, dass man Steuer-Ausländern nicht hinterherlaufen müsse. Allerdings müssten Einkünfte jeglicher Art im Ausland im Rahmen der Steuererklärung gemeldet werden.

3) Mit unserer dritten Frage thematisierten wir den aus unserer Sicht von Thomas Straubhaar in seinem Modell in unzureichender Höhe angesetzten monatlichen Grundeinkommensbetrag von 1000,- €, wobei dieser ja bereits jetzt unter der offiziellen Armutsgrenze liegt. Hinzukam – wie sich etwas später in unserem Gespräch bestätigte – dass davon auch noch die Krankenkassenbeiträge in Höhe von ca. 200,- € monatlich abzuziehen wären.

Seine Festlegungen der Höhe des Grundeinkommens rechtfertigt Thomas Straubhaar mit folgenden Argumenten:

  • Er wähle diese Größenordnung und auch den einheitlichen Steuersatz von 50 % aus praktischen Gründen, der leichteren Berechnung wegen. Letztlich sei es eine politische Entscheidung, die Höhe dieser Sätze festzulegen. Es sei für ihn kein Problem, die Finanzierung durch entsprechende Anpassung sicherzustellen.
  • Sein Modell des BGE sehe allerdings vor, dass die Krankenversicherung aus dem BGE zu bezahlen sei, die er auch noch mit € 200 pro Kopf veranschlage.
  • Gleichzeitig würden alle existenzsichernden Sozialleistungen durch das BGE ersetzt. Jeglicher Mehrbedarf müsse beantragt werden. Und den Mehrbedarf zu erfüllen, bleibe gesellschaftliche Verpflichtung.
  • Die sich für Singles möglicherweise ergebenden finanziellen Probleme aufgrund besonderer örtlicher Miethöhen müssten die Singles dann vielleicht mit der Gründung von WG’s lösen.
  • Wohngeld nach heutiger Art oder gar besondere Miethöhen bei der Festlegung des BGE zu berücksichtigen, lehne er als überhaupt nicht zielführend ab.

4) In unserer vierten Frage war der Vorschlag enthalten, bei der für eine BGE-Finanzierung erforderlichen Steuerreform, außer der von ihm vorgeschlagenen und in vieler Hinsicht sinnvollen Wertschöpfungssteuer, auf weitere andere Steuerressourcen zurückzugreifen, um so die Lasten zu verteilen und weitere Mittel für die Finanzierung zu erschließen.

Seinen Verzicht auf weitere Steuerressourcen rechtfertigt Thomas Straubhaar demgegenüber mit folgenden Argumenten:

  • Das wäre eher eine politische Entscheidung, er als Ökonom habe einen anderen Fokus.
  • Er sehe in der direkten Steuer eine bessere Form der Besteuerung (klarer, transparenter) und weniger bürokratisch als mit indirekten Steuern.

Die Herausforderung einer sozialökologischen Transformation steht anscheinend bei ihm nicht im Fokus.

5) In der fünften Frage ging es darum, unseren Gesprächspartner auf die Gründe anzusprechen, weshalb er als Ökonom in seinem Buch mit keiner Silbe das Konzept der Gemeinwohlökonomie (GWÖ) erwähnt. Umso mehr als dieses doch, wenn auch auf einer ganz anderen Ebene und mit anderen Mitteln als das Grundeinkommen, die Funktion eines effektiven Korrektivs für Defizite und möglichen Macht-missbrauch im marktliberalen System ausfüllen könne.

Antwort:

In seiner Antwort auf diese Frage vermied Thomas Straubhaar es, zu der angesprochenen Frage einer notwendigen grundlegenden Strukturreform der Wirtschaft Stellung zu beziehen.

Er stritt zwar nicht grundsätzlich ab, dass das GWÖ-Konzept ein alternativer, legitimer Ansatz sein könne, unterstrich aber zugleich, dass sich für ihn eben allein das marktliberale Prinzip (d.h. auch inkl. des von der GWÖ kritisierten Prinzips der „Gewinnmaximierung“) dauerhaft bewährt habe. Nur dieses Prinzip garantiere, den durch die Ökonomie zu erwirtschaftenden „Kuchen“ möglichst groß zu machen, um damit dann auch das Grundeinkommen finanzieren zu können.

Fazit:

Wenn wir auch nicht alle wissenswerten Details abfragen und diskutieren konnten, so konnten wir doch einige wesentliche Elemente zu unser aller besserem Verständnis klären. Wenn es auch in der allgemeinen Beschreibung eine ganze Reihe akzeptabler Berührungspunkte zu geben scheint, so erscheint uns Straubhaars Vorgehensweise und Sichtweise im Kern nur bedingt mit unseren Vorstellungen kompatibel, wobei wohl der wesentliche Unterschied darin besteht, dass wir das BGE als Voraussetzung gesellschaftlicher Teilhabe u n d als soziokulturellen Impuls verstehen, wobei beides sinnvoller- oder notwendigerweise auch mit Maßnahmen in anderen gesellschaftlichen Lebensbereichen kombiniert werden kann/muss. Er scheint das BGE hingegen lediglich als Mittel zum Zweck für die Erhaltung seiner (sozialen) Marktwirtschaftslehre zu verstehen. Dadurch ergibt sich wohl auch eine ganz unterschiedliche Sicht auf gesellschaftliche Bedürfnisse und Wünsche, denen wir sehr unterschiedlich Rechnung tragen wollen.

Wachsendes Geld
Grundeinkommen und seine Finanzierung – klimasolidarisch und menschenwürdig

Ein Kommentar zum neuen Buch von Dr. Brüne Schloen

Ich hatte wieder Gelegenheit, das neue Buch von Herrn Dr. Schloen mit dem obigen Titel zu lesen. Im Untertitel wird es als 2. Auflage bezeichnet. Genau genommen handelt es sich wohl mehr um eine umfassende Überarbeitung seines vorherigen Buches. Mein Kommentar:

Der Autor hält nicht nur an seiner bisherigen Kritik unverändert fest, sondern fordert explizit von den Politikern und den sie tragenden Parteien eine grundlegende Verhaltensänderung in ihrem Tun gegenüber den Erfordernissen von Staat und Gesellschaft ein. Er klagt die Defizitbereiche an wie:

  • mangelnde Auseinandersetzung mit den massiven Verwerfungen unseres Sozialstaates und mit den Herausforderungen der globalisierten Digitalisierung,
  • Verweigerung notwendiger Maßnahmen gegen verschärfende Gesellschaftsspaltung,
  • zunehmende Einkommensspreizung, Vermögenskonzentration,
  • erodierendes Steuersystem,
  • fehlende Empathie gegenüber unseren schützenswerten Grundwerten!

Der Klimawandel ist ein viel zu großes globales Risiko, als dass man ihn ignorieren oder gar leugnen dürfte. Diese Erkenntnis gewann der Autor als ein wesentliches Ergebnis aus den vielen Kommentaren und Reaktionen auf seine Interviews und Diskussionen,
u.a. im Magazin DER SPIEGEL, Juli2019. Dadurch wurde ihm die Lücke bewusst, die in seinem bisherigen Plädoyer für ein substanzielles Grundeinkommen und dessen Finanzierung bestand. Das zwingt ihn gewissermaßen zu seinem 2. Buch, mit dem er sein Versäumnis korrigiert, indem er darin das BGE und den Klimaschutz in Symbiose vereint sieht! Mittels der Verknüpfung mit dem Klimaschutz verleiht er so der BGE-Idee zugleich eine weitere Legitimation.

Hieraus leitet sich auch seine Empfehlung für ein substanzielles BGE von € 1500 ab, wodurch sichergestellt werden soll, dass auch finanziell Schwächergestellte in die Lage versetzt werden, die eventuellen Mehrbelastungen durch CO2-Steuern (€ 300/to) mitzutragen. Denn das CO2-Steueraufkommen ist eine ganz wichtige Komponente in seinem Finanzierungsmodell, neben einer deutlich höheren Erbschaftssteuer und einer Finanztransaktionsteuer, gepaart mit einer sehr grundsätzlichen Steuerreform, die die Intransparenz und die vielfältigen Steuer-Minderungsmöglichkeiten unseres heutigen Systems restlos beseitigen sollte. Der „Charme“ seines Modells besteht u.a. darin, dass sein Steuermix im Wesentlichen preisneutral ist, was gleichzeitig auch eine Absage an alle Konsumsteuer- basierten Finanzierungsmodelle ist! Und dort, wo die Steuer preisbewegend (CO2-Steuer) ist, soll sie es auch sein!

Um die Anwendbarkeit seines Finanzierungsvorschlages nachzuvollziehen, muss man bereit sein, sich mit vielen Zahlen auseinanderzusetzen. Auch wenn man sicher noch über einige Detailpunkte beizeiten trefflich streiten kann, zeigt dieser Finanzierungsvorschlag, dass sein vorgeschlagenes substanzielles BGE grundsätzlich problemlos finanzierbar ist, und – als eine besondere Herausforderung – seine Idee des Systemwechsels einer Umsetzung bzw. Einführung bei „laufendem Betrieb“ umsetzbar erscheinen lässt.

Die Herausforderung aber besteht ferner auch darin, dass nicht nur die o.e. Defizitbereiche national bearbeitet werden müssen, sondern dass Deutschland auch auf europäischer Ebene eine deutlich höhere Solidaritätsbereitschaft leisten muss, um die Disbalance in den Leistungsbilanzen besser auszugleichen und durch weniger „dirigistische“ Maßnahmen andere EU-Partner an unserem Markt teilhaben zu lassen.

Ein besonders dickes Brett im Rahmen dieser Herausforderungen muss gebohrt werden, wenn es gelingen soll, die Schwierigkeiten des Umsetzungsprozesses zu überwinden und die Auseinandersetzung mit den BGE-Gegnern und ihren Argumenten zu gewinnen, wie etwa dem Festhalten an Liebgewordenem, an Vertrautem, an konservativen Strukturen, kurz: am „Weiter So!“

Vor diesem Hintergrund ruft Herr Dr. Schloen mit seinem Buch dazu auf und ermuntert uns, die schon so weit in unsere Gesellschaft hineingetragenen Ideen BGE und Klimaschutz unbedingt an alle staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen heranzutragen, um so am Ende die Verheißungen einer Verbindung der BGE-Idee mit dem Klimaschutz auf ein gutes Leben erlebbar zu machen und auch dem Glauben an den Menschen hinsichtlich seiner Leistungs- und Solidaritätsbereitschaft Raum zu geben.

Grundeinkommen und seine Finanzierung : Klimasolidarisch und menschenwürdig ; 2., überarb. Aufl. 2020. von Schloen, Brüne . Wiesbaden, Springer Fachmedien Wiesbaden, 2020.
Eintrag bei buchhandel.de

Wasserspender
Eine verbreitete „Milchmädchenrechnung“ unter grundeinkommenskritischen Ökonomen in Deutschland

Autor: Dr. Manuel Franzmann

Die Frage der Finanzierbarkeit gehört zu den notorischen Fragen der Diskussion zum bedingungslosen Grundeinkommen. Ich weise schon seit langem immer wieder darauf hin, dass bei dieser Finanzierungsdiskussion zwischen einer statischen und einer dynamischen Betrachtungsweise klar unterschieden werden sollte. Eine statische Betrachtungsweise beruht auf der letztlich unrealistischen Abstraktion von dynamischen Effekten der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Aber sie ist dennoch sinnvoll und notwendig, ja Ausdruck einer wissenschaftlichen Denkweise, für die es wichtig ist, systematisch vorzugehen, und dazu gehört, zeitweise von bestimmten Einflussgrößen abstrahierend abzusehen, um eine erste Klärung in einer wichtigen Teilfrage erreichen zu können. So ist es auch bei einer statischen Betrachtung der Finanzierungsfrage des bedingungslosen Grundeinkommens.

Bei ihr wird insbesondere von möglichen Verhaltensänderungen bei den Bürgerinnen und Bürgern abgesehen, Verhaltensänderungen, die durch die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens mit bedingt sind. Ein Beispiel wäre hier eine denkbare Verringerung der Arbeitsbereitschaft bzw. des individuellen Erwerbsarbeitsvolumens. Bei einer statischen Betrachtungsweise werden solche Effekte einstweilen ausgeklammert und erst einmal nur danach geschaut, ob eine Form der Finanzierung denkbar ist, welche die derzeit vorhandenen Finanzmittel so umschichtet, dass dadurch das bedingungslose Grundeinkommen auf eine vernünftig erscheinende Weise finanzierbar erscheint.

Nun machen es sich nicht wenige Grundeinkommenskritiker seit langem schon sehr einfach, indem sie in der Finanzierungsfrage eine simple Rechnung vorführen, die angeblich zeigt, dass eine Finanzierung weit jenseits des Möglichen lieg. Und bemerkenswert oft wird diese Rechnung auch von namhaften, grundeinkommenskritischen Ökonomen aufgemacht, darunter vor Jahren auch Hans-Werner Sinn in einer Fernsehtalkshow. Hans-Werner Sinn ist dabei jener Ökonom, auf den sich das obige Zitat „Milchmädchenrechnung“ bezieht, denn Sinn hat als ein sich öffentlich äußernder Ökonom diesen Ausdruck öfters rhetorisch dazu eingesetzt, um sich gegenüber Nicht-Ökonomen mit seiner wissenschaftlichen Autorität Geltung zu verschaffen.

Die besagte simple Rechnung lautet sinngemäß wie folgt. Geht man von einer monatlichen Grundeinkommenszahlung in Höhe von 1.000 Euro aus und multipliziert sie mal 12 Monaten, um den Jahresbetrag zu ermitteln, und multipliziert sie dann mit ca. 80 Millionen deutschen Staatsbürgern, dann ist das Ergebnis:

1.000 € monatlich × 12 Monate × 80 Millionen Deutsche = 960 Milliarden € 

Bei diesem Betrag handelt es sich um den nominellen Gesamtbetrag, der bei einer monatlichen Grundeinkommenszahlung von 1.000 Euro in Deutschland auf das Jahr gesehen derzeit in etwa zu finanzieren wäre. Dieser gigantisch klingende Betrag wird dann im nächsten Schritt mit der Höhe des Sozialbudgets oder des Bundeshaushalts verglichen.

Sozialbudget: Die Bundesregierung berichtet jährlich unter der Überschrift „Sozialbudget“ darüber, wie viel Geld der deutsche Staat für die Soziale Sicherung ausgibt, und zwar Bund, Länder und Gemeinden zusammen. Nach den Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales waren dies im Jahr 2017: 965,5 Mrd. Euro
Bundeshaushalt: Der Bundeshaushalt betrug nach den Zahlen des Bundesfinanzministeriums im selben Jahr 2017: 329,1 Mrd. Euro
Und daraus ziehen dann selbst einige grundeinkommenskritische Ökonomen, die mit solchen Zahlen umgehen können sollten, den simplen Schluss, dass sich eine weitere Diskussion und ein weiteres Nachdenken erübrigt, weil schon dieser einfache Vergleich der Höhe des Sozialbudgets oder des Bundeshaushalts angeblich zeige, wie weit entfernt die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) in einer zum würdigen Leben ausreichenden Höhe von den realen Finanzierungsmöglichkeiten entfernt ist.

Jedoch wird dabei ein simpler gedanklicher Fehler begangen, sofern es sich nicht um eine motivierte argumentative Nebelkerze handelt, wie sie in der Grundeinkommensdiskussion nicht zuletzt vor dem Hintergrund ausgeprägter kultureller Abwehrformationen auffällig oft vorkommt. Es wird nämlich einfach davon ausgegangen und unterstellt, dass der nominelle jährliche Finanzierungsbetrag eines BGEs im Wesentlichen aus solchen staatlichen Budgets, insbesondere aus dem Sozialbudget oder dem Bundeshaushalt, unmittelbar zu finanzieren wäre und dass die dort vorhandenen Mittel umgewidmet werden müssten zulasten bisheriger Ausgabenposten. Und das ist nachweislich falsch.

Zum Weiterlesen des ganzen Artikels geht es hier entlang >>

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