Das unabdingbare Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen
Jeder
Mensch hat sich schon lange das Recht auf ein bedingungsloses
Grundeinkommen verdient, und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Unser gesellschaftliches
Erbe in Form von Infrastruktur, Gebäuden und Wissen ist immens. Die
gesamte Wertschöpfung der Gesellschaft basiert darauf. Es wird immer
deutlicher sichtbar, dass Wissen, Kapitalakkumulation und Kreativität
die eigentlichen Motoren der Gesellschaft sind. Dennoch basiert die
Verteilung der Basis der Wertschöpfung nicht auf einer kollektiven Idee,
sondern hängt meist von der individuellen Art der Tätigkeit ab. Weder
wird diese Art nach ethisch sinnvollen Gesichtspunkten beurteilt, noch
spielt der Fleiß, also die Menge der produktiven Tätigkeit eine große
Rolle. Weiter bedingt sich die Verteilung eben auch essentiell durch
unsere Abstammung und zu einem nennenswerten Teil vom Glück. Dinge, die
eben nur bedingt durch unser eigenes Verhalten beeinflusst werden
können.
Das
Recht auf Teilhabe am bestehenden Wohlstandsniveau ist somit
offensichtlicher denn je, denn Dinge, die nur aufgrund unserer
Geschichte und unserer Kultur entstanden sind und heute erst dadurch
entstehen können, bringen Einzelnen Profite. Die so entstandene
Kapitalakkumulation bedingt weitere Gewinne, die dann als Vermögen
vererbt werden und Familienreichtum entstehen lassen. Wirtschaftsmacht,
die dazu führt, dass kleine, aber enge und freiwillige Zusammenschlüsse
noch mächtiger werden und noch mehr Einfluss haben. Eine Art Spiel,
welches mit seiner Spitze des Eisbergs an den Finanzmärkten, auch
Kapitalismus genannt wird. Dieses Spiel schreit nach einer Spielregel
des regelmäßigen ökonomischen Ausgleichs.
Für
den normalen Bürger auf der anderen Seite des Kapitalismus, quasi der
Spielfigur, entsteht das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit, die Identität,
nur noch durch die Benutzung von Apple oder Windows, VW oder Toyota,
Fahrrad oder Flugzeug, Mietwohnung oder Eigentum, Aldi, Lidl oder
Bio-Essen oder aber auch Elektro oder Rock, also durch die Art des
Konsumierens. Längst definiert man sich nicht mehr im Kollektiv als
Schreiner, Maurer oder IT-Fachmann. Dies ist auch geradezu unmöglich
geworden, schließlich muss sich der IT-Fachmann erstmal entscheiden, ob
er IT-Fachmann für Windows oder für Apple wird, der klassische Schreiner
muss sich bereits ein weitergehendes Alleinstellungsmerkmal suchen, da
er nicht mit IKEA oder Firmen mit ähnlichen industriellen
Fertigungsmethoden konkurrieren kann. Solche wettbewerbsfähigen
Fertigungsmethoden machen die Leistung der Arbeitsteilung aber auch den
kollektiven Identitätsverlust durch ungleiche Arbeit erst bewusst
deutlich.
Die
Definition des Ich erfolgt also immer stärker aus dem Konsum, als aus
beruflichen Tätigkeiten. Die Tätigkeiten, die ausgeführt werden müssen,
werden immer spezifischer, sodass nur noch bedingt Gruppen entstehen
können, die die gleiche Tätigkeit durchführen. Wenn also die eigene
Persönlichkeit direkt mit dem Konsum verknüpft ist, aber nicht mehr mit
der Tätigkeit, dann müssen auch Artikel 1 des GG, die Würde des
Menschen, und vor allem Artikel 2 des GG, das Recht auf freie Entfaltung
der Persönlichkeit, neue Konsequenzen mit sich bringen. Diese
verfassungsmäßig garantierten Rechte erfordern eben nicht mehr das Recht
auf Arbeit, sondern immer mehr ein Recht auf Konsum. Die Debatte muss
also darüber geführt werden, wie viel Konsum gesellschaftlich für jeden
unbedingt zu ermöglichen ist, um die Grundrechte zu wahren.
Die Debatte um das Grundeinkommen sollte also lauten:
Muss
das zu gewährende wirtschaftliche Grundrecht auf wirtschaftliche
Teilhabe so interpretiert werden, dass der gesamte bisherige Sozialstaat
entfällt, und welche Elemente müssen über dieses Recht hinaus
ermöglicht werden?
Die sozial-ökologischen Konsequenzen
Die
Umsetzung dieses Rechts hat zahlreiche ökologische Konsequenzen.
Einerseits findet die Rückkehr zur Sinnhaftigkeit der Tätigkeit statt,
abseits von der Idee des Geldschöpfens. Die Idee, dass eine Tätigkeit,
meist Arbeit genannt, in erste Linie zum Lebenserwerb dient, wird durch
Freiheit ersetzt. Freiheit, die positiv, unabhängig von der Höhe der
Teilhabe, auf der Bedürfnispyramide auf der höchsten Stufe, der
Selbstverwirklichung innerhalb des Kapitalismus ansetzt. So wird die
Selbstverwirklichung zum Grundsatz des Tätigwerdens. Es wird schwieriger
zu rechtfertigen, dass durch das eigene Handeln andere direkt oder
indirekt leiden, wenn das Argument der Lebensnotwendigkeit der Tätigkeit
entfällt und die Betäubung des eigentlichen inneren Strebens der
Menschen durch Geld und Kaufkraft nur zu offensichtlich wird. Klima- und
Umweltschädigungen, aber auch schlechte Behandlung von Arbeitnehmern,
vielleicht auch Waffenproduktion oder Ähnliches werden
arbeitsmarkttechnisch noch teurer, und somit die Gewinnspanne für
Unternehmer, die so etwas verstärkt machen, geringer.
Weiter
wird, wenn die Notwendigkeit von Jobs, insbesondere von Billigjobs,
entfällt und die Menschen sich auf die Sinnhaftigkeit aller Tätigkeiten
im Leben rückbesinnen, die natürlicheren, eher auf Eigenversorgung
ausgerichtete und günstigere Lebensform auf dem Land wesentlich
attraktiver. Was eine ausgewogenere Verteilung der steigenden
Weltbevölkerung auf unserem Erdball für die ökologische Ausgeglichenheit
unseres Planten bedeutet, braucht in Zeiten von Systemtheorien wohl
nicht näher erläutert werden. Die Entstehung der Megacities von
Shanghai, Sao Paulo, Tokio oder Mexiko City an sich sollte dies wohl
deutlich machen.
Beide
Argumente machen den Bruch der Wachstumsideologie, die aus grüner Sicht
so schädlich ist, deutlich. Aber wir sollten uns auch der Macht bewusst
sein, die durch ein Grundeinkommen in positiver wie in negativer Sicht
wieder zurück an das Volk oder die Menschheit gegeben wird. Dieses Recht
ist die direkte Verlängerung der Demokratie von der Politik in die
Wirtschaft. Wir brauchen Vertrauen und Zuversicht, was die Menschheit
angeht. Ein System muss nicht nur auf Vertrauen bauen, sondern darauf
aufgebaut werden, um als System nicht enttäuscht zu werden und
letztendlich fehlzuschlagen. Der globalisierte Kapitalismus hält die
Möglichkeiten dazu bereit.
Die
oben gestellte Frage nach der Interpretation des immer aktuelleren
Rechts auf ein Grundeinkommen lässt sich also leicht beantworten. Wollen
wir den Schritt in Richtung eines globalen ökologisch ausgewogenen
Kapitalismus wagen, dann müssen wir den Menschen alle Freiheit lassen
und ein Grundeinkommen als bedingungsloses Recht gewähren, welches die
Existenzsicherung und die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Wenn
dieses Wohlstandsniveau für alle bedingungslos gewährt wird, dann kann
jede Leistung, die heute als Existenzsicherung dient, entfallen. Dass es
sich bei diesen Leistungen um Arbeitsersatzleistungen wie ALG I und II
sowie Rente handelt, ist nicht ganz zufällig in einem System, in der die
Arbeit hauptsächlich zum Erwerb dient. Es würde also ein Sozialstaat
ausreichen, der sich auf Kranke und Pflegebedürftige in Form von
Versicherungen, sowie auf Kinder, Jugendliche, Ausländer und Alte in
Form Bildung und Integration konzentriert. Hierbei sollte aber wieder
stärker auf staatliche Kollektiv- Leistung wie Schulen und Altenheime
gesetzt werden, anstatt auf hoch individuelles Betreuungsgeld als 150te
Sozialleistung.
Grundeinkommen International
Die
Argumentation hier legt sich offensichtlich nicht fest, ob ein
Grundeinkommen für den Bürger oder für den Menschen gilt, indem sie das
Recht auf ein Grundeinkommen aus dem Grundgesetz ableitet, die
Entwicklungen dabei aber global betrachtet. Die ökonomischen Bedingungen
für die ethische Ableitung des Rechts gelten selbstverständlich
weltweit. Dennoch müssen wir uns die Frage nach der Solidarität unter
den Völkern ehrlich stellen, denn ein weltweit solidarisches
Grundeinkommen würde ein Grundeinkommen in gleicher Höhe für alle
bedeuten. Das wäre eine weitgehende Forderung, aber ehrlich betrachtet
ist die internationale Solidarität eben auch jetzt nicht vorhanden.
Selbst in der so durch Solidarität geprägten Arbeitergesellschaft wird
dies deutlich. Für die Rechte von afrikanischen Coca Cola-Mitarbeitern
ist noch kein Streik unter Mc Donalds-Mitarbeitern im Westen entstanden
und wird auch so schnell nicht entstehen, obwohl die kapitalistische
Verknüpfung immens wäre.
Nicht
nur, dass, wenn Erwerbsarbeitszwang entfallen würde, Raum für solche
Solidarität wäre, auch eine Besinnung zur Loyalität unter den Völkern
wäre zum ersten Mal möglich. Loyalität würde sich aber eben auch auf die
Anerkennung des Rechts, nicht auf die gleiche Höhe beschränken. Ein zu
vollziehender und auch realistischer erster Schritt ist aber wesentlich
dem zielorientierten Bekenntnis ohne folgende Taten zu bevorzugen.
Internationale Solidarität wäre schön, aber dies gilt weder im heutigen
System als realistisch, noch sollten wir die Erwartungen an ein
Grundeinkommen zu hoch ansetzen.
Wir
sollten dennoch nicht nur nationale Politik an diesem grundlegenden
Recht orientieren, auch international bspw. in der Entwicklungspolitik
hat ein Grundeinkommensprojekt in Namibia bereits gute Ergebnisse
erzielt und wurde auch von bspw. der Weltbank als Best-Practice gelobt.
Die eigene Umsetzung, einhergehend mit der internationalen Verbreitung
muss also notwendigerweise Zentrum unserer Politik sein.