Manchem langjährigen Befürworter des Grundeinkommens kommt es möglicherweise schon ein wenig unheimlich vor, dass immer mehr namhafte Chefs von großen Konzernen für sich das Grundeinkommen entdecken. Im letzten Jahr hatten sich bereits Tim Höttges, Chef der Telekom AG, und  Dr. Sven Leukert, Vicepräsident des  deutschen Softwareunternehmens SAP, für ein Grundeinkommen ausgesprochen. Nicht, dass sie ein Grundeinkommen nötig hätten, so gering ist die Entlohnung von Vorständen in Deutschland noch nicht, aber es scheint sich auch auf den obersten Ebenen von großen Konzernen die Einsicht durchzusetzen, dass angesichts des technischen Wandels, der immer mehr und immer wieder mit dem Schlagwort „Industrie 4.0“ in Verbindung gebracht wird, eine neue bessere soziale Absicherung ihrer Mitarbeiter und der von der bezahlten Arbeit Freigesetzten von Nöten ist. Es würden absehbar „einige auf der Strecke bleiben, weil sie einfach nicht mehr mitkämen“, warnte Kaeser auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel. Zur Finanzierung kann Tim Höttges sich immerhin vorstellen, das Grundeinkommen durch die Besteuerung der Gewinne großer Internetkonzerne sicherzu stellen.

Wird die Idee vom Grundeinkommen nun durch die DAX-Konzerne übernommen? So weit sind wir sicherlich noch nicht und zu erwarten ist das auch nicht.  Aber auffällig ist doch, dass Konzernchefs sich überhaupt Gedanken darüber machen, dass die aus dem technischen Wandel resultierende Produktivität, die zunehmend eine Produktivität von Maschinen, Computern oder Robotern sein wird, ziemlich gnadenlos Arbeitsplätze hinwegfegen wird. Es werden auch nicht quasi automatisch neue entstehen, wie es jahrzehntelang gewesen ist. Die OECD rechnet damit, dass in den nächsten Jahren bei einem Wegfall von sieben Arbeitsplätzen nur noch zwei neue Arbeitsplätze entstehen werden. Die Gewerkschaften und viele Politiker hinken bei diesem Thema hinterher, wie leider so oft bei grundsätzlichen gesellschaftlichen Problemen. Das Grundeinkommen ist allerdings ein Projekt der Zivilgesellschaft, und nicht unbedingt eines der politischen Parteien. Die Gesellschaft muss das Grundeinkommen ausdiskutieren und dann der Politik die Vorgaben machen.

Die Konzernchefs, die offenbar über intime Kenntnisse darüber verfügen, wie sich die Arbeitswelt verändert, insbesondere wie sich die Beschäftigungslage und die Einkommenssituation entwickelt, sind ein Teil der Zivilgesellschaft und eingeladen, sich aktiv in die Diskussion über ein Grundeinkommen einzubringen. Vorbildlich hat dies in den letzten 10 Jahren der Unternehmer Götz Werner von „dm“ getan.  Insoweit ist auch Joe Kaeser, sind die anderen Konzernchefs als Mitglieder der Zivilgesellschaft, herzlich eingeladen, sich an der Diskussion über ein Grundeinkommen zu beteiligen, ob Freund oder nicht.